Yehudyia – das versteckte Paradies – Teil 2: Yehudyia

Der Tunnel führt mich unter dem Highway zum Gebiet Yehudyias.

Kurz danach fahre ich wieder mit meinem Auto zum Hauptparkplatz und mache mich dann auf Richtung Yehudyia. Der besser befestigte Weg führt mich durch einen kleinen Tunnel, der eine Unterführung unter dem Highway ist. Bald geht der Betonweg wieder in einen steinigen Wanderweg über, als er mich auf das Gelände des nächsten Reservatsteils führt.

Der Weg führt mich mitten hinein in das Dorf Yehudyia.

Schon jetzt laufe ich durch das Randgebiets des antiken Dorfes Yehudiya, doch bevor ich mich diesem Abenteuer ganz zuwenden kann, führt mich der Weg zum Wasserfall nach links weg vom Dorf.

Der Wadi ist beeindruckend: Tief ist die Schlucht und besteht aus rauen Felswänden, die aber zu dieser Jahreszeit bewachsen sind mit saftig grünem Gras und zarten Bergblumen.

Staunen überkommt mich, als mich der Weg, der sich durch eine einzigartige Natur schlängelt, plötzlich an den Wadi des Yehudyia-Flusses führt: Er ist wesentlich tiefer und breiter als der des Zavitan, ganz eigene Farben spielen hier zusammen und so kann ich nicht anders, als mich einen Moment auf einige Felsen am Rand der Schlucht zu setzen und den Moment zu genießen. Anscheinend bin ich heute die einzige Wanderin hier im Reserve und ich merke, wie gut mir die Ruhe tut, als ich wieder dem Wasser lausche und den Anblick, der sich mir bietet, in mir aufsauge.

Der Weg bergab ist erst noch gut befestigt, wird bald aber zu einer spaßigen Kletterpartie.

Als ich mich schließlich losreiße und dem Weg weiter folge, führt er mich nach Kurzem hinab in den Wadi. Ein Schild verspricht mir, dass ich hier zum Wasserfall komme. Ich gehe eine Art Steintreppe hinab, die teils wohl natürlich ist, teils extra zurecht gehauen wurde.

Der Wasserfall ergießt sich in ein natürliches Becken, in dem man baden kann – dafür ist das Wasser heute leider zu kühl.

Es kommt mir vor, als betrete ich eine andere Welt: Ich scheine abgeschnitten zu sein von dem, was oberhalb hinter mir liegt, und tauche ein in eine einzigartige Umgebung aus Felsen und Gras, Blumen und dem Wasser. Und komme an im Paradies. Zumindest denke ich das, als ich auf einer kleinen Steininsel inmitten des Flussbettes zum Stehen komme.

Hinter mir läuft das Wasser aus dem Becken weiter und bildet wieder den Yehudyia-Fluss, der durch den Wadi Richtung Kinneret fließt.

Vor mir ergießt sich der Wasserfall in den Wadi, das Wasser des Yehudyia schlängelt sich vorbei an mir und bildet den Fluss, der schließlich in den Kinneret münden wird. Plötzlich steigen Tränen in mir auf. Die Schönheit, die mich umgibt, lässt mich gleichzeitig lachen und weinen. So etwas habe ich zuvor noch nie zu Gesicht bekommen und wieder frage ich mich, warum ich vorher noch nie hier war.

Umgeben ist man von rauen Felswänden, die aber vielfältig bewachsen sind.

Neben mir kommt ein Mitarbeiter des Reserves an, der gerade noch die Steintreppe nach den massiven Regenfällen reinigte, kniet sich hin und spritzt sich das klare Wasser des Yehudyia ins Gesicht. Wir wechseln nur ein paar Worte, aber ich fühle, dass er ebenso berührt ist und so genießen wir schweigend nebeneinander die Atmosphäre, bis ich kurz danach aufbreche und die Wand des Wadi wieder hinaufklettere. Ich gehe den Weg zurück meinem letzten Ziel für heute entgegen: dem Dorf Yehudyia.

Der Weg führt mich mitten in das Dorf hinein und einmal drum herum.

Viel ist nicht bekannt über das einstige Dorf und anscheinend werden auch keine Ausgrabungen mehr gemacht. Das Dorf ist gut erhalten und so führt mich der Weg durch die Mitte der Häuser hindurch. Dabei kann ich mir bildlich vorstellen, wie hier einst Menschen langliefen, von Haus zu Haus gingen und ihren Alltag verbrachten.

Leider ist nicht viel bekannt über dieses Dorf, in dem einst Juden und dann arabische Menschen verschiedener Epochen wohnten.

Trotzdem würde ich gerne mehr wissen: Wann wurde es gegründet? Gab es hier eine Synagoge und kultische Einrichtungen wie Mikwen? Und bis wann gab es hier jüdisches Leben? Nur im Internet kann ich ein paar Informationen finden: Anscheinend wurden bei archäologischen Untersuchungen Funde aus der römischen und byzantinischen Epoche gemacht und laut schriftlichen Überlieferungen sollen hier Juden bis zur islamischen Invasion im 8. Jhdt. gewohnt haben.

Die Häuser des Dorfes reichen bis an den Abgrund zum Wadi, wo jetzt schon die Bäume anfangen zu blühen.

Später siedelten sich hier arabische Anwohner an, die die Dorf den Namen „Yehudyia“ gaben, was auf das jüdische Leben davor hinweisen sollte. Im 19.Jhdt. siedelten sich erneut arabische Menschen in den antiken Häusern an. Der Name blieb – bis zur Gründung des jüdischen Staates: Syrien, in dessen Gebiet der Ort zu diesem Zeitpunkt lag, gab dem Ort nun den Namen „Arabyia“, eine Art Protest gegen den jüdischen Ursprung. Im Sechs-Tage-Krieg kam das Dorf mit dem gesamten Gebiet in die Hände Israels und wurde wieder umbenannt. Seitdem ist es unbewohnt und wurde mit der Zeit Teil des Nature Reserves.

Erschöpft, aber glücklich und überwältigt von all den Eindrücken kehre ich nun zu meinem Auto zurück. Und ich denke: Das Warten auf Yehudyia hat sich definitiv gelohnt – das kleine, versteckte Paradies.

Eins steht fest: Zum Yehudyia werde ich nochmal wandern!

Mehr Infos über das Natur Reserve findest Du HIER auf der Website der NPA.

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